- Nahezu jeder zweite Österreicher und Österreicherin (48%) nutzt soziale Medien für den Nachrichtenkonsum.
- Die meisten BürgerInnen, die Falschmeldungen gesehen haben, halten sie für wahr.
- Die meisten „üblen“ Gerüchte kursieren in Nischen im Netz.
Die Journalistin Ingrid Brodnig zeigt in ihrem Buch „Lügen im Netz“ auf, wie uns Fake News, PopulistInnen und unkontrollierte Technik manipulieren: „Im Internet wird mit Falschmeldungen Stimmung gemacht. Sie werden dazu genützt, um bestehende Vorurteile zu schüren und Bruchlinien in der Gesellschaft zu vertiefen. Im Englischen gibt es den Satz „Angry people click more“. Und tatsächlich wird genau das zunehmend zu einem Problem in der digitalen Debatte. Wut ist häufig notwendig, um etwas wirklich zu bewegen. Das ist eine besondere Stärke dieser Emotion: Sie aktiviert Menschen. Problematisch wird es, wenn Wut gezielt geschürt wird , Sündenböcke oder Feindbilder kreiert werden, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Politologe Timothy Ryan untersuchte politische Inserate. In drei Experimenten hat sich gezeigt: Wütend machende Inserate hatten mehr als doppelt so viele Zugriffe wie die neutrale Botschaft.“
Wut wird von der Technik gefördert
Neben Wut kommt eine weitere Komponente hinzu: die Technik. Die Software von Facebook – ein sogenannter Algorithmus – wählt für Sie aus, was laut dem Unternehmen für Sie relevant ist. Ein Algorithmus, der Interaktion als wichtiges Signal bemisst, läuft Gefahr, Emotion auch massiv zu begünstigen. D.h. Wut wird zusätzlich noch von der Maschine gefördert. Emotion wird vom Algorithmus belohnt: Wer Wirbel auslöst, erntet Likes und Kommentare.
Der menschliche Drang zur Einseitigkeit
Ingrid Brodnig schreibt auch über den unbewussten Umgang mit Informationen: „Ganz unbewusst werten wir Information so, dass sie zu unserem Weltbild passt. Dass wir Information als wertvoller bewerten, wenn Sie unsere Vorstellung bestätigt, erleichtert es leider den Fälschern im Internet enorm, ihr Unwesen zu treiben: Sie können einfach Behauptungen erfinden, die gut zu den Vorurteilen oder Wünschen vieler Menschen passen – und prompt verbreitet sich diese Fehlinformation rasant im Netz. Gleichzeitig neigen wir alle dazu, eine Information eher zu glauben, wenn sie uns gut ins Konzept passt.“
„Manchmal fällt die Behauptung, nur Ungebildete oder Unintelligente würden auf Falschmeldungen hineinfallen: Das widerlegen etliche Untersuchungen. Gefährdet sind häufig eher jene Personen, denen ein politisches Thema besonders wichtig ist.“
Wie Falschmeldungen das Denken prägen
„Falschmeldungen haben eine starke Wirkung. Erstens erfahren viele Menschen nie, dass sie auf eine irreführende Aussage hineingefallen sind. Zweitens halten sich Falschmeldungen vor allem bei jenen Bürgern hartnäckig, die generell viele Gerüchte in dieselbe Richtung lesen. Je öfter solche falschen Behauptungen in der eigenen digitalen Echokammer zirkulieren, desto vertrauter scheint einem diese Aussage – und umso eher sind Menschen geneigt, selbst skurrile Aussagen zu glauben.“
„Psychologen nennen es den „Illusory truth effect“ – Wahrheitseffekt: Wenn Menschen etwas nur oft genug hören, dann glauben sie es. Egal, ob eine Aussage richtig oder falsch ist, die Wiederholung ließ sie glaubwürdiger erscheinen.“
Was Sie machen können
Ingrid Brodnigs Tipps für jede und jeden einzelnen:
- Überprüfen Sie die Quelle: Oft wird mit Quantität über die fehlende Qualität einer Information hinweggetäuscht. Lesen Sie diese lange Information nicht bis zum Schluss, sondern suchen Sie im Web nach dem Namen dieser Website. Oder scrollen Sie ans Ende der Seite und schauen Sie, ob ganz unten ein Hinweis steht wie „Das ist alles nur Satire und frei erfunden“.
- Überprüfen Sie das Impressum: Unseriöse Seiten weisen ein eigenartiges Impressum auf und geben nicht den Betreiber bekannt.
- Nutzen Sie die Faktenchecker-Seite mimikama.at – bietet Einblick, welche Webseiten schon oft mit Irreführung zu tun gehabt haben. Gleichzeitig können Sie auch Falschmeldungen melden.
- Nutzen Sie den österreichischen Medien-Watchblog Kobuk. Hier können Sie auch Medien, die beim Schummeln oder nachlässigem Recherchieren erwischt wurden melden.
Buchtipp: Lügen im Netz. Wie Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik uns manipulieren“, erschienen im Brandstätter-Verlag.