Michael Brüggemann, Professor für Kommunikationswissenschaften an der Universität Hamburg, stellte für das Team von klimafakten.de sechs Thesen auf, welche Art der Klima-Kommunikation die wirkungsvollste sei. Diese Vorschläge sollen als Anregung dienen, die bisherige Kommunikation der Klimakrise in Frage zu stellen. Denn angesichts der Diskrepanz zwischen Klimaschutzzielen und dem bislang Erreichten, ist folgende Frage legitim: Ist der bisherige Weg der Kommunikation zu diesem Thema der richtige, um die Leute hier und jetzt über Klimaschutz zum Nachdenken zu bringen?

These 1: Wir müssen die Grundlagen und Hintergründe von Klimawandel und Klimapolitik immer wieder erklären.

  • Da der Mensch ein „vergessliches Wesen“ ist, gilt es immer wieder folgende zehn Worte zu betonen: „It´s real, it´s us, it´s bad, experts agree, there´s hope!“
  • Unsicherheiten in der Forschung dürfen uns nicht vom Handeln abhalten. Sie sind das Lebenselixier im Rahmen der Forschung zu Zukunftsszenarien. Wir schließen auch nicht erst eine Haushaltsversicherung ab, wenn das Haus schon brennt. Und wir packen den Regenschirm zur Sicherheit ein, wenn die Wettervorhersage uns Regenwahrscheinlichkeit prognostiziert. Lebensnahe Analogien sind immer hilfreich, um komplexe Sachverhalte greifbarer zu machen.

These 2: Wir dürfen der Leugnung der Klimakrise kein Forum bieten.

  • Eine kurze deutliche Korrektur der postulierten Falschinformationen reicht vollkommen aus. Ganz nach dem Motto „Do not feed the trolls!“ haben wir Besseres mit unserer Zeit zu tun

These 3: Katastrophen-Szenarien lassen sich um positive Zukunftsvisionen ergänzen.

  • Katastrophen-Szenarien rütteln die Leute zwar wach, aber die dabei entstehende Überforderung birgt Gefahren. Die Folgen sind oftmals Resignation oder Leugnung.
  • Kreieren wir Zukunftsbilder, indem wir im Rahmen der Klima-Kommunikation die richtigen Fragen stellen: In welcher Welt wollen wir leben? Wie wollen wir uns eine lebenswertere Umwelt schaffen? Was sind wir bereit dafür zu tun?

These 4: Menschen müssen als entscheidungs- und handlungsfähige Subjekte behandelt werden. Sie als Opfer und Sünder darzustellen führt zu nichts.

  • Mit Vorwürfen entsteht nie eine gute Diskussion.
  • Versuchen wir danach zu fragen, was die Personen gegenüber schon für den Klimaschutz tun, um eine Gesprächsbasis aufzubauen, die ohne „erhobenen Zeigefinger“ funktioniert.

These 5: Zeigen wir, dass die Werte, Überzeugungen und Bedürfnisse der Menschen mit Klimaschutz vereinbar sind.

  • Konservative Werte, Bedürfnisse nach Wohlstand, Konsum und Statussymbolen stehen keineswegs im grundsätzlichen Widerspruch zum Klimaschutz.
  • Umweltfreundliches Verhalten kann genauso als „Ausleben“ wichtiger Bedürfnisse dargestellt werden. Dabei muss man den Menschen ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Werte zugestehen.

These 6: Das große Ganze sollte mit kurzfristigen und alltagsbezogenen Zielen verknüpft werden.

  • Zu große, überfordernde und abstrakte Ziele (Rettung der Welt, 1,5°C-Ziel etc.) eignen sich alleine nur schwer dazu, politisches und privates Handeln daraus resultieren zu lassen.
  • Es braucht zielgruppenspezifische bzw. maßgeschneiderte und konkrete Handlungswege, die mit dem größeren Ganzen gemeinsam kommuniziert werden.
  • Es geht um konkrete Machbarkeit und um die Abwendung spezifischer Schäden: Engagement für saubere Luft und nebenbei etwas für das Klima zu tun ist, ist einfacher als umgekehrt.